Drücken Sie „Enter“, um den Inhalte zu überspringen

Dein Fenster

Die Sonne scheint überall für alle gleich. Stell dir eine riesige Stadt vor, in der jedes Haus ein Fenster hat. Manche Fenster sind groß und weit geöffnet, andere klein und fast geschlossen. Einige sind kristallklar, sodass das Licht mühelos hindurchströmt, während andere mit Staub, Schmutz oder anderen Ablagerungen bedeckt, manche sogar mit schweren Vorhängen verhängt oder mit Rollos komplett verdunkelt sind. Jedes Fenster lässt unterschiedlich viel Licht in den Raum herein – und die Menschen in den Häusern erleben dadurch völlig unterschiedliche Realitäten.

In einem dunklen Zimmer sitzt ein Kind und fragt sich: „Warum ist es bei mir so dunkel? Ist die Sonne woanders stärker? Hat sie mich vergessen? Bin ich nicht gut genug für ihr Licht?“

Doch draußen, über allen Häusern, scheint die Sonne mit derselben Kraft, ohne Unterschied, ohne Bevorzugung. Sie fragt nicht, ob jemand sie verdient hat. Sie ist einfach da – immer, überall, unveränderlich.

Ein weiser Lehrer betritt plötzlich das Innere des dunklen Raumes und lächelt. Er sagt:

„Die Sonne scheint nicht stärker oder schwächer. Sie ist genau hier, genau jetzt – so wie überall. Die Dunkelheit in diesem Raum ist nicht die Abwesenheit der Sonne. Sie ist nur ein Schleier, eine Illusion, die durch ein verschlossenes oder bedecktes Fenster entsteht.“

Das Kind runzelt die Stirn. „Aber es ist doch wirklich dunkel! Ich kann es sehen, ich kann es fühlen!“

Der Lehrer nickt. „Ja, du empfindest Dunkelheit, weil dein Fenster bedeckt ist. Aber das bedeutet nicht, dass das Licht nicht da ist. Es bedeutet nur, dass du es nicht siehst. Du kannst dein Fenster jedoch öffnen. Komm, trau dich, ich bin bei dir“

Das Kind geht zum Fenster und öffnet es ein kleines Stück. Ein heller Lichtstrahl fällt in den Raum. Das Kind blinzelt, berührt das Licht mit seinen Händen und staunt.

„Es war die ganze Zeit da?“

Der Lehrer nickt. „Ja. Und wenn du das Fenster weiter öffnest, wird der ganze Raum erleuchtet sein. Nicht, weil die Sonne plötzlich mehr scheint – sondern weil du den trennenden Schleier entfernt hast, der sie vor ihrer Wirkung in deinem Zimmer fern hielt.“

Das Kind springt auf, reißt die Vorhänge auf und öffnet das Fenster weit. Plötzlich wird der gesamte Raum von goldenem Licht warm durchflutet. Die Dunkelheit, die zuvor so real wirkte, verschwindet augenblicklich.

Das Kind beginnt zu lachen. „Die Dunkelheit war nie wirklich da! Sie war nur das Fehlen des Lichtes!“

Der Lehrer lächelt. „Genau. Und so ist es mit dir selbst. Komm, wir gehen hinaus und erzählen es den anderen.“

Die Bedeutung:

Die Herzen von uns Menschen sind wie Fenster. Manche von uns sind weit geöffnet, andere sind durch Religionen, Ideologien, Erfahrungen, Ängste, Glaubenssätze oder Zweifel verdunkelt. Viele von uns sitzen in ihrem eigenen dunklen Raum und fragen sich:

„Warum fühle ich mich getrennt?“

„Warum finde ich keine Erfüllung?“

„Warum ist das Leben schwer, während andere Gott, Erleuchtung oder Glück erfahren?“

Doch genau wie die Sonne immer scheint, ist unser wahres Wesen – das Sein, die bedingungslose Liebe, Gott selbst – immer vollständig präsent. Er ist nicht irgendwo anders, er bevorzugt niemanden, er unterscheidet nicht.

Es gibt nur einen einzigen Grund, warum wir das nicht wahrnehmen: Unser Fenster ist verdeckt.

Und das bedeutet: Wir müssen nichts von außen suchen. Wir müssen nichts Neues werden. Wir müssen nur das entfernen, was uns von der Wahrheit trennt, damit wir uns erinnern.

Manche Fenster sind durch die Konditionierung der Gesellschaft verschmutzt. Uns wurde beigebracht, klein zu denken, uns zu definieren durch unser Ego, durch unsere Vergangenheit, durch unsere Fehler. Manche Fenster sind durch Angst verschlossen – die Angst, loszulassen, die Angst, sich selbst zu begegnen, die Angst vor Veränderung.

Doch egal, wie lange ein Fenster verschlossen war – ein einziger Moment des Öffnens genügt, und das Licht strömt hinein.

Die Sonne fragt nicht, ob du würdig bist. Sie ist einfach da.

Und so ist es mit Gott und deinem wahren Selbst.

Du musst nicht nach einem Lehrer suchen, er ist bereits bei dir in deinem Raum.

Du musst nicht nach Licht suchen – du darfst einfach das Fenster öffnen.

Du musst nicht nach Erleuchtung streben – du bist schon das Licht selbst.

Die Dunkelheit war nie wirklich da. Sie war nur eine Illusion, erzeugt durch einen geschlossenen Blick.

Und wenn du das erkennst, wird dein Raum erstrahlen – nicht, weil du etwas Neues bekommen hast, sondern weil du etwas entfernt hast, das dich von der Wahrheit trennte.

Gerne darfst du den Artikel teilen:

Kommentare sind deaktiviert.